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Change Management in der IT: It’s all about the people!

matrix-Expertin Julia Neun

Julia Neun ist Senior Project Manager und Business Lead für Change Management & Agile Project Services bei matrix technology. Seit 2018 leitet Julia Projekte mit Schwerpunkt Migrationen, Change Management, PMO Aufbau und agiler Projektumsetzung. Für den matrix-Blog schreibt die Expertin darüber, wie Change Management und Agile Coaching den IT-Projekterfolg beflügeln können – mit besonderem Fokus auf mittelständische und regulierte Finanzunternehmen.

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Kein Unternehmen funktioniert mehr ohne IT. Office-Anwendungen und andere digitale Werkzeuge werden zunehmend aus der Cloud bezogen. Doch was aus Sicht der IT und der Geschäftsführung als „Innovation“ läuft, kommt bei Mitarbeitern häufig als „Veränderung“ an. Inzwischen ist klar: Unbegleiteter Wandel kann negative Gefühle auslösen, Prozesse lahmlegen und Unternehmensziele gefährden. Hier kommt Change Management ins Spiel. 

Studien belegen, dass jedes fünfte IT-Projekt abgebrochen wird. Gleichzeitig wird mangelnde Kommunikation als häufiger Grund genannt, warum Projekte scheitern. Change Management verfolgt daher die Absicht, möglichst frühzeitig und parallel zur technologischen Veränderung in einen Dialog mit allen Betroffenen zu gehen. 

In diesem Dialog geht es auch um organisatorische Folgen – zum Beispiel um die Frage, wie die Zusammenarbeit in Teams oder die Ablage von wichtigen Dokumenten von der Innovation betroffen sein wird. Das Ziel ist es, eine IT-Innovation erfolgreich zu verankern, um die möglichen Gewinne an Produktivität, Effizienz oder auch Compliance auszuschöpfen. 

Die Idee: Change moderieren anstatt laufen lassen 

Direkt übersetzt bedeutet Change Management, einen beabsichtigten Wandel nicht nur gezielt anzustreben, sondern auch methodisch zu begleiten. Der Begriff bezeichnet also das Gegenteil von einem „durchgeboxten“ Wandel, der die Möglichkeit eines Scheiterns an internen Widerständen ausschließt.  

Gescheiterte IT-Projekte können in der Unternehmensbilanz ein Loch schlagen – und mangelnde Nutzerakzeptanz ist ein möglicher Grund für das Scheitern. Aus Sicht eines professionellen Change Managements sollte daher jede Transformation auch automatisch eine planvolle Kommunikation auslösen.  

Besonders wichtig: Change Management ist eine differenzierte Aufgabe, die von spezialisierten Kräften (intern oder extern beziehbare Change Management Professionals oder geschulte Projektmanager*Innen) geleistet wird. Die dafür nötigen Aufwendungen müssen daher von vorneherein in den Change Prozess eingeplant werden. 

Immer im Fokus: Die menschliche Natur 

Beim Change Management geht es nicht um die Veränderung an sich, sondern um das organisatorische Verarbeiten der Veränderung. Es handelt sich dabei um einen Prozess, der pro-aktiv gestaltbar ist und in dem Mitarbeiter als fühlende und denkende Wesen respektiert werden.  

Einem Wandel gegenüber nicht sofort aufgeschlossen zu sein, ist nämlich vor allem eines: typisch menschlich. Change Management setzt daher immer am Menschen an – und um erfolgreich zu sein, setzt der Prozess ziemlich früh ein und vollzieht sich über mehrere Stufen. 

 

Modell von Richard K. Streich: Vom Schock bis zur Adaption 

Ein Modell, das die Reaktionen gut beschreibt, die eine Innovation in Mitarbeitern auslösen kann, stammt von Richard K. Streich. Es unterteilt den Prozess der Anpassung in sieben Phasen. Die Entwicklung reicht von einem Schockerlebnis bei der Ankündigung der Veränderungen bis hin zur Übernahme neuer Denk- und Verhaltensmuster im Arbeitsalltag. 

 

Modell von Richard K. Streich: Emotionale Entwicklung der Mitarbeitenden während der Veränderung

 

Phasen 1 bis 4: Wellenritt zwischen Emotion und Vernunft 

  • Die ersten beiden Phasen ringen die Betroffenen mit sich und der Situation. Auf den anfänglichen Schock folgt die Ablehnung: “Das kann so nicht wahr sein. Das hat doch gut gepasst, wie wir es bisher gehandhabt haben.” Es ist eine Art Trotzreaktion, die typisch ist, wenn Vertrautes verloren geht.  
  • Später meldet sich die Vernunft zu Wort – die rationale Erkenntnis setzt sich durch, dass der Wandel nötig ist (Phase 3). Aber erst die vierte Phase ist wirklich ein Durchbruch. Denn in ihr vollzieht sich der Schritt vom Verstehen hin zur Akzeptanz: “Okay. Wir gehen diesen Prozess mit. Mal sehen, wie das jetzt alles funktioniert.” 

Phasen 5 bis 7: Lernen, Erfolge, Integration  

  • Nachdem der Wandel akzeptiert ist, fangen die Mitarbeiter an, sich neugierig auf das Neue einzulassen. Durch Ausprobieren, Fehler und Erfolge lernen die Mitarbeiter, welche neuen Verhaltensweisen geeignet sind.  
  • Durch Erfolge und durch den Kompetenzerwerb kann die Veränderung als etwas Gutes wahrgenommen werden. Die Übernahme der neuen Handlungsmuster in den Alltag beginnt – bis die Veränderung schließlich das “neue Normal” geworden ist.  

Fehlende „Change Readiness“ ist der Knackpunkt 

Der Knackpunkt im Change Prozess ist ganz klar: Die Mitarbeiter müssen bereit sein, mit auf die Reise zu gehen. Es ist sinnlos, Mitarbeiter zu schulen oder Veränderungen zu feiern, wenn sie den Wandel noch nicht selbst als etwas Positives wahrnehmen können. Bei matrix technology sprechen wir hierbei von „Change Readiness“.  

Auf Basis umfangreicher Projekterfahrungen haben wir einen eigenen „Change Readiness Check“ entworfen, der die organisatorische und menschliche Komponente in IT-Projekten perfekt abdecken kann. Das nachfolgend beschriebene ADKAR-Modell liefert für unseren Check die methodische Basis. 

Ein idealtypischer Ablauf: Das ADKAR-Modell 

Ein methodisches Gerüst für das Change Management bietet das ADKAR-Modell. Die Abkürzung steht für fünf Phasen, in denen ein Wandel begleitet werden kann: Awareness, Desire, Knowledge, Ability und Reinforcement. Wir gehen kurz durch, was jede Phase bedeutet. 

 

Das ADKAR-Modell zeigt einen idealtypischen Ablauf für das Change Management

 

Awareness – Bewusstsein schaffen 

In dieser Phase geht es darum, den betroffenen Mitarbeitern zu verdeutlichen, dass sich etwas verändern wird und ihnen einen Kontext zu geben, damit sie gut einordnen können, was passiert. Leitfragen für diese Phase sind: 

  • Warum ist die Veränderung notwendig? 
  • Was würde passieren, wenn sich nichts ändert? 
  • Wer ist wann wie stark betroffen? 
  • Was bleibt gleich? 

Desire – Den Wunsch erzeugen, der Veränderung zu folgen 

In dieser Phase geht es darum, Argumente zu kommunizieren, die bei den betroffenen Mitarbeitern den Wunsch entstehen lassen können, der Veränderung zu folgen. Wichtige Fragen sind hierbei: 

  • Wie hilft der Change der Organisation? 
  • Wie kann ich mich persönlich einbringen? 
  • Was ist für mich persönlich drin? 

Knowledge – Wissen vermitteln, wie die Änderung zu schaffen ist 

Wenn ein Bewusstsein für die Notwendigkeit des Change geschaffen werden konnte und der Wunsch geweckt ist, dem Change zu folgen, muss Wissen darüber vermittelt werden, wie die Änderung implementiert werden kann. Klassischerweise geht es hier darum, den Umgang mit neuen Systemen oder mit neuer Software zu schulen.  

Ability – Fähigkeiten ausbauen 

Insbesondere dann, wenn der Wandel so tiefgreifend ist, dass ganze Prozesse und Rollen neugestaltet werden, müssen die richtigen Fähigkeiten vermittelt und unterstützende Tools bereitgestellt werden.  

Reinforcement – Verstärkung 

Ein großes Manko vieler Change Prozesse ist fehlende Nachhaltigkeit in der Kommunikation. Typischerweise entsteht früh der Eindruck: Es läuft. Doch das ist sehr oft ein Trugschluss! Nur wenn eine Veränderung dauerhaft positiv verstärkt wird, behalten Mitarbeiter die neuen Arbeitsweisen auch bei. Ohne positive Verstärkung fallen Menschen gerne in alte Muster zurück. Gemeinsam Erfolge zu feiern kann ein solcher positiver Verstärker sein. Sehr wichtig sind auch Vorgesetzte, die den neu gewählten Stil vorleben. 

Beispiel Cloud Migration: Immer auch ein Kulturwandel 

Beispiele helfen, relevante Veränderungen und ihre Folgen zu erkennen. Eine typische Veränderung, die in vielen Unternehmen aktuell ist, ist die Migration von Anwendungen und Daten in die Cloud. Die 2021 erschienene IDG-Studie „Cloud Migration“, für die Manager, IT-Leiter und Fachangestellte verschiedener mittelständischer Unternehmen befragt wurden, bestätigt die organisatorische Komponente dieser Veränderung: 

  • 61 Prozent der Befragten bestätigten, dass die Cloud Migration eine Veränderung in der IT-Organisation bewirkt hat. In der Hälfte der Fälle hat die IT im Zuge des Transfers von Applikationen in die Cloud auf ein agiles Betriebs- und Entwicklungsmodell umgestellt, wie das DevOps-Konzept oder die CI/CD-Methodik (Continuous Integration/Continuos Deployment). 
  • Mehr als die Hälfte der Befragten (55 Prozent) waren zudem überzeugt, dass die Cloud Migration einen „kulturellen“ Wandel in der gesamten Organisation bewirkt. Das kann sich unter anderem in bereichsübergreifend organisierten Teams mit flexiblen Abläufen und Zuständigkeiten ausdrücken. 

Ein proaktives Change Management unterstützt eine solche Transformation, ob in der IT oder im gesamten Unternehmen. Es möchte den Erfolg verbessern, indem der Wandel in der ganzen Tragweite mit allen betroffenen Teams gemeinsam begangen wird.